Sprachfortschritte 1

Die Überschrift des heutigen Eintrages habe ich bewusst gewählt; denn ich hoffe, dass weitere Einträge, die von meinen sprachlichen Fortschritten berichten, folgen werden.

Meine Zeit in den Verkehrsmitteln Oslos verbringe ich meist mit Norwegisch Lernen. Entweder höre ich einfach zu, was sich die Menschen um mich herum zu berichten haben, oder ich nutze die App Babbel. Um sich einer Sprache anzunähern, finde ich Babbel sehr gut. Ich lerne damit spielerisch Vokabeln, die Aussprache und auch ein paar Grammatikregeln. Für die eigene Aussprache wiederhole ich die gesagten Vokabeln und Sätze meist im Kopf. Doch das funktioniert nicht immer. Für manche Wörter habe ich die perfekte Aussprache im Kopf, doch wenn ich die Wörter selbst über die Lippen bringen soll, kommt nicht das heraus, was ich mir vorstelle. Für spezielle Kombinationen von Silben, die es in der deutschen Aussprache so nicht gibt (zum Beispiel wird „skje“ (Löffel) „sche“ gesprochen), sollte man laut Zuhause trainieren.

In den Weiten des norwegischen Internets und insbesondere auf den Seiten des norwegischen Fernsehens gibt es ein sehr gutes Angebot an norwegischen Filmen und Serien. So kam ich in den Genuss der EM-Handballspiele mit norwegischen Kommentatoren und der Serie SKAM. Letztere ist eine über Skandinavien hinaus bekannte und beliebte norwegische Produktion, deren Rechte nun sogar nach Hollywood verkauft werden sollen. Die Serie handelt von den Freuden und Leiden an einer Schule in Oslo. Die Jugendlichen unterhalten sich in einem sehr umgangssprachlichen Ton, an den man sich nach dem Schauen einiger Episoden und mit Hilfe der norwegischen Untertitel aber schnell gewöhnen kann. Ich bilde mir ein, das Verschlingen dieser Serie hat mir geholfen besser Norwegisch zu verstehen. Den melodischen Singsang einiger Hauptdarsteller hatte ich ständig im Ohr, und es fiel mir etwas leichter bestimmte Wörter aus einem Satz herauszuhören. Selbstverständlich schaue ich solche Serien nur zur Weiterentwicklung meiner Sprachfähigkeiten, nicht etwa wegen der Handlung, des Dramas und des Müßigganges.

Weitere norwegische Serien und Dokumentationen warten auf mich, doch momentan ist mir nach etwas Anderem zumute: Bei einem meiner Streifzüge durch die Stadt landete ich – wie sollte es anders sein – in einer Buchhandlung. Ich sah viele Bücher, deren Titel und Layout interessant und extrem ansprechend aussahen. Meine Motivation Norwegisch zu lernen, um diese Bücher lesen zu können, stieg ins Unermessliche. Jedoch verfiel ich nicht in einen Kaufrausch, sondern hatte aus meinen Fehlern beim Schwedisch-Lernen gelernt. Damals las ich die Biografie von Zlatan Ibrahimovic parallel auf Schwedisch und Deutsch. Ich war nicht auf den Gedanken gekommen, dass dies vielleicht schaden könnte. Doch die schwedischen Buchstaben ergaben beim Lesen ein Wort mit deutscher Aussprache, da ich mir zuvor nur rudimentäre Kenntnisse der Aussprache angeeignet hatte und immer wieder den passenden Abschnitt auch in deutscher Sprache las. Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass dies dazu beigetragen hat, dass mein Schwedisch-Lehrer im VHS-Kurs mich so oft ermahnen musste den schwedischen Text zu singen und nicht abgehackt deutsch vorzulesen. Einmal sagte er auch: „so sprechen vielleicht die Norweger, aber doch nicht die Schweden“. Na gut, nun versuche ich mein Glück mit Norwegisch. Dies waren also meine Gedanken in der Buchhandlung. Ich befand mich in dem Zwiespalt. Einerseits wollte ich aus den eben erläuterten Gründen kein norwegisches Buch kaufen, andererseits kann ich nicht in eine Buchhandlung gehen ohne ein Buch zu kaufen. Von den wenigen Übungsbüchern, wie sie in Sprachkursen benutzt werden, war ich nach einigem Herumblättern nicht überzeugt. Da erinnerte ich mich, dass mir eine Freundin einer ehemaligen Kollegin den Tipp gab,Kinderbücher zu lesen. Die Kinderbuchabteilung der Buchhandlung war ein Paradies für mich: Wunderschöne, gebundene Bücher sämtlicher Geschichten von Astrid Lindgren. Mein neu gestecktes Ziel ist es, alle Bücher dieser Reihe zu besitzen. „Vi på Saltkråkan“ erkor ich als erstes Buch aus. Das Problem der falschen Aussprache beim Lesen würde bei einem Kinderbuch leider bestehen bleiben. Doch glücklicherweise gab es in der Buchhandlung nicht ausschließlich physische Bücher, sondern auch jede Menge Hörbücher für Kinder. Leider befand sich „Vi på Saltkråkan“ nicht darunter. Die Verkäuferin, der ich meinen Wunsch nach einem zum Buch passenden Hörbuch erläuterte, machte mir einen anderen Vorschlag: Ob ich schon einmal etwas von Ronald Dahl gehört hätte? Hier gäbe es eine ganze Reihe an Büchern – zum Beispiel „Matilda“ oder "Charlie og sjokoladefabrikken" – und im Angebot dazu das passende Hörbuch. Hier schlug ich zu und bin nun im Besitz von „Matilda“ als Buch und Hörbuch. Das wird mein Projekt für den Ausklang der Tag in Oslo für die nächsten Wochen sein. Falls es gut läuft, werden weitere Kinderbücher folgen.

Eine kleine Information für alle Literaturinteressierten zu Roald Dahl: Während alle Norweger, die ich bisher dazu gesprochen habe – die Verkäuferin und meine Mitbewohnerin –, davon überzeugt sind bzw. waren, dass Roald Dahl ein sehr bekannter Norweger ist, hatte er zwar tatsächlich norwegische Eltern, stammte selbst aber aus Wales. Vielleicht hilft dieses Wissen ja einem der Leser bei der 1-Millionen-Euro-Frage bei Herrn Jauch, wer weiß.

Manch einer wird behaupten, dass man in Oslo kein Norwegisch lernen braucht. Und es stimmt, man kommt auch gut ohne diese Sprachkenntnisse aus. Wie bereits in jedem anderen Block über Norwegen zu lesen ist, spricht beinah jeder Norweger sehr gutes Englisch. Und auch Deutschkenntnisse sind sehr verbreitet, da dies als zweite Fremdsprache in der Schule gelehrt wird. Als ich mit einer deutschen Bekannten eine Pause beim Skifahren machte, sprach uns ein älterer Mann, der in der Nähe ebenfalls verschnaufte, auf Deutsch an. Es sei ja gutes Wetter und er wünsche uns viel Vergnügen. Auch wenn man sich in einem fremdsprachigen Land befindet, sollte man also gewahr sein, dass einen die Menschen um einen herum verstehen könnten. Doch neben dem Skifahren dient die Sprache sicherlich als wichtigstes Mittel für eine gelungene Integration. Aus diesem Grund versuche ich mich ab und zu auch an norwegischen Sätzen. Ich war sehr stolz, als ich ein Gespräch an der Kaffeemaschine auf der Arbeit mit fünf Sätzen meinerseits so beendet hatte, dass der Gesprächspartner – der Service-Mitarbeiter, der die Kaffeemaschine wartet – mich verstanden hat. Mit freundlichen Grüßen an meinen ehemaligen VHS-Schwedischlehrer darf ich berichten, dass dieser sagte, ich spräche ja Schwedisch. Die Norweger halten meinen Kauderwelsch aus Norwegisch und Schwedisch mit deutscher Aussprache also für Schwedisch! Wenn das mal kein Erfolg ist! Auch in der Kantine werde ich regelmäßig gezwungen Norwegisch zu verstehen. Die Mitarbeiter an der Kasse sprechen selbst dann Norwegisch, wenn ich Englisch antworte. Und auch hier wurde ich schon mit Fragen wie „Woher kommst du?“ konfrontiert. Da bemühe ich mich immer auch auf Norwegisch zu antworten. Natürlich gibt es auch Misserfolge. Beispielsweise sprach ich in fachlichen Gedanken versunken eine Kollegin auf Deutsch an und erklärte ihr mein Anliegen. Sie nahm es mit Humor und fragte mich, ob ich nicht lieber Englisch sprechen wolle. Als mich ein Kollege fragte, wo („hvor“) ich wohne, antwortete ich seit wann („når“) ich in Oslo wohne. Nichtsdestotrotz zeigen mir meinen Erfahrungen, dass allein der kleine, einfach zu lernenden Satz „Jeg snakker bare litt norsk“ zu Wohlwollen beim Gesprächspartner führt und das Eis gebrochen wird. Mit Hilfe von „Matilda“ werde ich diesen Satz hoffentlich zukünftig nicht mehr ganz so häufig verwenden müssen.

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