Maridalsvannet und der König der Wälder
Nach meinen ersten beiden Arbeitstagen, die gut organisiert und anstrengend waren, konnte ich das sonnige, klare Wetter am Wochenende genießen. Am Samstag plante ich eine Wanderung um den See Maridalsvannet. Dies ist einer der größten Seen in der Gegend und versorgt einen Großteil von Oslo mit Trinkwasser. Dementsprechend ist der See eingezäunt; die Wald- und Wiesengebiete drum herum sind jedoch einen Ausflug wert. So fuhr ich mit der Straßenbahn zum einen Ende des Sees und lief entlang des östlichen Ufers auf gut markierten Wegen durch eine sehr schöne, sonnige, bewaldete, weiß-blaue Schneelandschaft. Obwohl die Sonne viele Menschen in diese Gegend gelockt hatte, war ich die einzige Spaziergängerin. Gegebenenfalls könnte man die beiden Jogger, die mir entgegenkamen, noch als eine Art „Spaziergänger“ bezeichnen. Doch alle anderen Menschen jeden Alters waren auf Langlaufski unterwegs. Glücklicherweise war der Waldweg breit genug für alle, so dass ich keine Loipe zertrampelt habe. Ein Kollege sagte mir später, dass Norweger sehr zurückhaltende Menschen sind, die selten sagen, wenn ihnen etwas nicht passt. Einzige Ausnahme sei, wenn jemand ihre Loipen zerstört, dann werden sie sehr böse.
Schon nach ein paar Minuten und etlichen Langläufern, die mich – egal ob bergab oder bergauf – überholten, stand mein Entschluss fest, mich sobald wie möglich ebenfalls auf Ski zu stellen. Nichtsdestotrotz spazierte ich an diesem Tag weiter und schlug ich am anderen Ende des Sees angekommen den Weg im Westen zurück Richtung Ausgangspunkt ein. Leider gibt es auf der westlichen Seite des Sees nur eine Straße ohne Bürgersteig und eine Langlauf-Skating-Loipe, in der ich wohlweißlich nicht laufen wollte. Um nicht den gleichen Weg wieder zurückzugehen und da nicht so viele Autos unterwegs waren, entschied ich mich für die Straße. Aufgrund des guten Wetters war ich sowieso schon sehr glücklich und dachte, dass mir Oslo den Start hier sehr leicht macht. Doch es kam noch besser: auch der König der norwegischen Wälder ließ es sich nicht nehmen, mich persönlich zu begrüßen.
Da ich zuvor an einem Pferdehof vorbeigekommen bin, dachte ich zunächst, ich sehe in der Ferne ebenfalls ein Pferd. Es sah mir jedoch sehr groß und unförmig aus. Dann schoss mir der Gedanke an einen Elch durch den Kopf. Ich hielt das am heller lichten Tage für so unwahrscheinlich, dass ich mir sagte, es sei eine Elchfigur, die dort aufgebaut worden sei. Während ich weiterging, behielt ich die Elchfigur im Auge. Plötzlich fing sie an zu laufen. Und ich habe aus meinen (Wildschwein-)Fehlern gelernt: Ich zückte mein Handy und machte Fotos. Noch einmal möchte ich mir nicht sagen lassen, dass ich mir Tiere im Wald einbilde. Hier ist also der Beweis. Leider hatte ich unser Fernglas nicht mit nach Oslo genommen. Die Koffer waren auch ohne es an der Grenze zum Übergepäck.
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